Stan Sakai über Geistwesen
Das folkloristische Erbe Japans ist unglaublich reich. Usagi ist bereits einer erklecklichen Anzahl eher bösartiger obake (Geistwesen) begegnet, zum Beispiel einem kappa, einer obake-neko, einem tengu oder der nue. Ohne Zweifel wird er in Zukunft noch ein paar andere gleichermaßen unheimliche Gestalten kennenlernen.
In „Das Gasthaus auf der Mondschattenhöhe“ (in Usagi Yojimbo, Band 14) sowie in Usagi Yojimbo: Yōkai stehen dagegen die bizarreren unter den Monstren des japanischen Volksglaubens im Mittelpunkt. Sie kamen in den Erzählungen vor, die ich gehört habe, während ich in Hawaii aufgewachsen bin, wo viele japanischstämmige Amerikaner leben. So soll eine mujina, eine Frau ohne Gesicht, angeblich in der Damentoilette von Honolulus altem Waialae-Autokino gespukt haben. Mujina sind eigentlich „Frechdachse“. Frauen ohne Gesicht heißen „noppera-bō“. Verwechselt hat die beiden Lafcadio Hearn (1850-1904) in seiner berühmten Geistergeschichtensammlung Kwaidan von 1904, weswegen noppera-bō im Westen nun häufig „mujina“ heißen.
Nicht, dass die mujina in der Autokinotoilette irgendetwas angestellt hätte. Es wird lediglich berichtet, dass immer mal wieder Frauen beim Betreten des Waschraums ein Mädchen angetroffen hätten, welches gerade sein Haar gekämmt habe. Das Gesicht sei dem Spiegel zugewandt gewesen – nur dass sich in diesem eben kein Gesicht gespiegelt habe, sondern eine eiförmige, leere Fläche. Das Mädchen mag Füße gehabt haben oder auch nicht – es wäre dies eine Eigenschaft, die es mit vielen japanischen Geistwesen teilen würde. Das Autokino existiert leider nicht mehr. Es ist abgerissen worden, um einer Trabantenstadt Platz zu machen.
Viele obakemono scheinen recht harmlos zu sein, zum Beispiel die rokurokubi, die langhalsigen Frauen. „Rokurokubi“, wörtlich „Töpferscheibenhals“, bedeutet soviel wie „Wende-“ oder „Windehals“. Oder die sasosho, haarige Füße mit einem Auge – um von den kasa-bake, herumlaufenden Regenschirmen, ganz zu schweigen.